
Jahre später – zwei, um genau zu sein – und ich habe immer noch dieselbe Meinung.
Nicht, weil ich nachtragend bin. Sondern weil sich an der Grundsituation nichts geändert hat: Es wurde nie ernsthaft aufgearbeitet, was wir in der Corona-Zeit falsch gemacht haben. Und ganz besonders nicht das, was wir unseren Kindern zugemutet haben – mit einem Lächeln im Gesicht.
Als Vater, als Mensch, und ja: als Elternbeirat habe ich damals deutlich gesagt, dass hier eine Grenze überschritten wurde. Und es interessiert mich nicht, ob das jemand hören wollte. Ich sage es heute wieder. Vielleicht sogar lauter.
Die heilige Pflicht zur Maske – für Kinder, nicht für Minister
Was ich bis heute nicht vergesse: die Szene aus dem Klassenzimmer meiner Tochter. 25 Kinder, 7 Jahre alt, stumm hinter ihren Stofflappen, in einer stickigen Grundschulklasse, bei 28 Grad im Schatten. Pause? Nein. Absetzen? Nur draußen, mit Abstand, in kleinen Gruppen. Und miteinander spielen ist böse!
Zur gleichen Zeit rieb sich irgendein Landesminister mit Maske am Handgelenk beim Fernsehinterview das Näschen frei, bevor er auf dem nächsten Pressefoto in der Parteizentrale mit acht Kollegen lachend beieinanderstand. Ohne Maske, versteht sich. Aber hey, das war ja nach dem Essen.
Was war das eigentlich für ein Signal? Dass man Kindern mehr Disziplin zutrauen darf als erwachsenen Entscheidungsträgern? Oder einfach, dass man Kindern alles zumuten kann – weil sie sich nicht wehren?
Ich habe damals gesagt, dass das falsch ist. Und ich habe es als Elternbeirat schriftlich formuliert, gesagt, in Konferenzen geäußert. Reaktion? Schulterzucken. Man wolle „keine Debatten mit Coronaleugnern“ führen. Ich habe Eltern dazu aufgerufen für ihre Kinder einzustehen. Allesamt waren sie zu feige. Es ging ja nur um ihre Kinder. Und ich war plötzlich ein Querdenker. Ein Corona Leugner. Ja sogar ein Nazi.
Danke für dieses Gespräch.
Die Impfung – wenn Moral zur Pflicht wird
Ich bin nicht gegen Impfungen. Ich bin auch nicht grundsätzlich gegen medizinische Empfehlungen. Aber ich bin gegen Zwang. Und ich bin gegen Druck, der nicht mehr unterscheidet zwischen Fürsorge und ideologischer Selbstbefriedigung.
Was wir erlebt haben, war kein medizinischer Diskurs. Es war ein moralischer Feldzug. Wer sich impfen ließ, war solidarisch, wer nicht, war asozial. Wer skeptisch war, war gefährlich. Wer Fragen stellte, ein Feind.
Und dann saß da Richard David Precht bei Lanz und sagte sinngemäß: Moment mal. Ist es wirklich vernünftig, Kinder zu impfen, deren Immunsystem sich noch entwickelt? Ist es klug, Menschen moralisch zu drängen, bevor sie eine Entscheidung treffen durften?
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Precht wurde daraufhin halbwegs öffentlich geteert und gefedert. Und weißt du was? Ich habe ihn damals gefeiert. Weil er ausgesprochen hat, was viele dachten – aber keiner mehr laut sagen durfte, ohne gleich in die Querdenker-Tonne geworfen zu werden.
Joshua Kimmich und der Verlust des gesunden Menschenverstandes
Der vielleicht symbolischste Moment dieser Pandemie war für mich nicht der R-Wert, nicht die Ministerpräsidentenkonferenz und auch nicht die berühmten 15 km Umkreis. Es war die mediale Hinrichtung eines Fußballspielers, der sagte: „Ich bin noch unsicher mit der Impfung.“
Joshua Kimmich, kerngesund, trainiert, leistungsfähig – hatte Zweifel. Und plötzlich wurde er zum Gefährder erklärt. Als würde sein zögerlicher Arm den Untergang der Zivilisation herbeiführen. Es war grotesk.
Wenn ein junger Mann, der Verantwortung für sich übernimmt, öffentlich dafür gegrillt wird, dass er abwartet – dann ist nicht der Virus das Problem. Dann ist die Gesellschaft krank.
Die große Spaltung – und wer daran verdient hat
Es gab zwei Pandemien. Die eine betraf das Virus. Die andere war eine Infektion des Denkens. Medien, Politik, Wissenschaft – alle standen plötzlich auf einer Bühne und schrien im Chor: „Die Ungeimpften sind schuld!“
Es war die perfekte Ablenkung von politischen Versäumnissen. Überlastete Krankenhäuser? Schuld waren nicht jahrzehntelange Sparmaßnahmen – nein, es waren die, die keine Spritze wollten. Gestiegene Fallzahlen? Natürlich die Kinder, die ihre Maske mal kurz verrutschten. Oder die Familien, die zu Weihnachten Oma besucht haben.
Wir sprachen nicht mehr über Ursachen. Wir suchten nur noch Schuldige. Und gleichzeitig verdienten sich einige mit Testzentren, Schnelltests und Maskendeals dumm und dämlich.
Ich erinnere mich an einen Schulleiter, der mir sagte: „Wenn wir alle Regeln befolgen, haben wir wenigstens niemanden auf dem Gewissen.“
Ach so. Und wenn wir Regeln befolgen, die Kindern psychisch schaden, weil sie sich als Gefahr für Oma fühlen? Dann haben wir ein reines Gewissen? Ernsthaft?
Das Schweigen der Pädagogen
Besonders bitter fand ich die Rolle der Schulen. Oder besser gesagt: das Fehlen derselben. Viele Lehrkräfte haben sich zurückgezogen hinter Regeln, Anweisungen, Vorgaben. Ich kann das menschlich nachvollziehen. Es war für alle schwer.
Aber wenn niemand mehr sagt, was falsch läuft – wenn nicht mal Lehrer den Mund aufmachen, obwohl sie jeden Tag sehen, was das mit Kindern macht – dann läuft was ganz grundsätzlich falsch in einem Bildungssystem.
Ich habe als Elternbeirat immer wieder betont, dass Kinder keine Infektionsschutz-Schilde sind. Sie sind Menschen. Und sie haben Rechte. Unter anderem das Recht auf Bildung, das Recht auf soziale Kontakte, auf freies Atmen. Auf Kindsein.
Aber das war in jener Zeit offenbar zweitrangig. Hauptsache, das Klassenzimmer war ein OP-Saal mit Tafel.
Die selbstgerechte Elite der Maßnahmentreuen
Was mich heute noch aufregt, ist der moralische Hochmut mancher Mitmenschen. Die, die damals bei jedem Supermarktbesuch andere ermahnt haben, die Maske über die Nase zu ziehen. Die, die sich beim Spaziergang im Park empört abwandten, wenn zwei Kinder Fangen spielten. Und die, die in sozialen Netzwerken fröhlich posteten, dass sie Freunde „aussortieren“, die sich nicht impfen lassen wollen.
Es war eine kollektive Arroganz, die sich als Verantwortung tarnte. Und die in Wahrheit nur eine Haltung brauchte, um sich überlegen zu fühlen. Endlich durfte man mal auf andere herabschauen – mit dem Segen der Regierung.
Ich frage mich, wie viele dieser Leute sich heute selbst im Spiegel anschauen und sagen: „Ja, das war richtig, was ich getan habe.“ Und wie viele leise wissen, dass sie übertrieben haben – und es nie zugeben werden.
Was wir aus der Krise lernen sollten – aber nicht werden
Precht sagte damals: „Wenn wir Kinder impfen, ohne ihre Risiken zu kennen, dann überschreiten wir eine Grenze.“
Er hatte recht. Und nicht nur mit dieser Aussage.
Er sagte auch: „Wir haben zu viele Graustufen ignoriert.“ Auch das stimmt. Denn die Debatte war nicht differenziert, sondern dogmatisch. Nicht demokratisch, sondern moralistisch. Und nicht menschlich, sondern funktional.
Und heute? Wird das wirklich aufgearbeitet? Wird geprüft, ob Schulschließungen, Maskenpflichten und Impfkampagnen für Kinder wirklich das Beste waren?
Nein. Es wird geschwiegen. Oder weggelächelt.
Das Ding is
Wir haben in der Pandemie nicht nur gegen ein Virus gekämpft, sondern gegen unsere eigenen Maßstäbe. Gegen Vernunft. Gegen Freiheit. Gegen Menschlichkeit.
Besonders Kinder wurden instrumentalisiert, gegängelt und traumatisiert – mit einer Selbstverständlichkeit, die erschreckend war. Dass ich damals als Elternbeirat ständig als Störenfried galt, nur weil ich gesagt habe, dass wir es übertreiben, sagt viel über das Klima aus, das herrschte.
Aber genau deshalb muss heute Klartext gesprochen werden. Es geht nicht um Schuld. Es geht um Verantwortung. Darum, dass wir künftig besser abwägen, bevor wir mit politischer Panik das nächste Grundrecht zersägen. Und darum, dass wir anerkennen: Auch in Krisen brauchen Kinder mehr als Regeln. Sie brauchen Schutz – vor Viren, ja. Aber auch vor blinder Obrigkeitstreue und staatlicher Doppelmoral.
Wenn wir das nicht begreifen, dann wird die nächste Krise nicht besser. Nur noch autoritärer.
Herzlichst,
Mike