
Und plötzlich war wieder Krieg – diesmal gegen das Vergessen
Israels Angriff auf den Iran 2025 begann in der Nacht auf den 13. Juni – mit über 200 Kampfjets und der Begründung: Selbstverteidigung.
Teheran, 13. Juni 2025, irgendwann zwischen den Träumen und dem ersten Kaffee: Sirenen heulen, Häuser wackeln, Menschen rennen. Der Himmel brennt, der Boden bebt. Und in den Morgenstunden schreibt ein Pressesprecher in Tel Aviv: „Es war ein Präventivschlag.“
Wie beruhigend. Wenn schon Bomben auf ein Land regnen, dann wenigstens mit Ankündigung und moralischer Absicht. Israel hat den Iran bombardiert – nicht zum ersten Mal, aber selten so intensiv. 200 Kampfjets, 100 Ziele, darunter auch Wohngebiete. Die offizielle Erklärung: Man wolle „den Punkt ohne Wiederkehr“ verhindern. Übersetzt: Israel glaubt, dass der Iran kurz vor der Atombombe steht – und tut, was es am besten kann: Erst schießen, dann fragen. Und am besten gleich auf alles, was nach Gefahr aussieht. Also auch auf Zivilisten. Aber keine Sorge, man hat vorher geheimdienstlich geprüft, ob das moralisch vertretbar ist. Vielleicht.
Operation „Rising Lion“ – oder: Der Löwe, der lieber laut brüllt als leise denkt
Natürlich hat der Angriff auch einen hübschen Namen bekommen. „Rising Lion“. Klingt wie ein neuer Hollywood-Blockbuster über einen tapferen Soldaten mit Trauma und Racheplan. Oder wie ein israelisches Wahlkampfmanöver mit Pyrotechnik.
Denn, Überraschung: Netanjahu steht innenpolitisch unter Druck. Proteste, Korruptionsvorwürfe, bröckelnde Koalitionen – da wirkt ein Luftschlag auf ein historisch aufgeladenes Feindbild wie ein politischer Instantkaffee: schnell gemacht, stark im Abgang, aber keiner will wissen, was drin ist.
Die Raketen trafen Atomstandorte wie Natans – klar. Aber eben auch Wohnhäuser, Straßenzüge, Menschenleben. Israel nennt das „Kollateralschaden“. Der Iran nennt es „Staatsterror“. Und der Westen? Nennt es „kompliziert“.
Die gute Bombe, die böse Bombe und die ganz schlechte PR
Israel betont, dass der Angriff notwendig war, um den Bau einer iranischen Atombombe zu verhindern. Der Iran wiederum betont, dass man ausschließlich friedliche Absichten habe. Uran, das kennt man dort eher vom Zahnarzt. Oder vom Reaktor. Je nachdem, wen man fragt.
Aber mal im Ernst: Natürlich wäre eine iranische Atombombe brandgefährlich. So wie jede Atombombe. Aber wenn Prävention bedeutet, den halben Iran in Schutt zu legen, bevor überhaupt ein Sprengkopf existiert – was kommt als Nächstes? Ein Angriff auf Nordkorea, weil Kim vielleicht schlechte Laune kriegt? Oder eine präventive Bombardierung von Russland, falls Putin zu viel Koffein erwischt?
Der Westen jedenfalls zeigt sich gespalten. Offiziell betont man das Recht Israels auf Selbstverteidigung. Inoffiziell wünscht man sich, Israel würde sich weniger verteidigen und mehr diplomatisch wirken. Aber das ist wie einem Boxer zu sagen, er solle den Gegner mit einem Gedicht einschläfern.
Zivilisten, die nicht ins Narrativ passen
Was in der Berichterstattung oft untergeht: Es sterben Menschen. Zivilisten. Familien. Kinder. Während Politiker strategische Linien zeichnen, sterben reale Körper auf echten Straßen. Doch der Westen reagiert erstaunlich pragmatisch. Die einen zucken mit den Schultern, die anderen verteidigen den Luftschlag mit dem Verweis auf „islamistische Gefahr“. Was niemand erwähnt: Ein Kind unter Trümmern schreit nicht „Tod Amerika“ oder „Lang lebe der Schah“. Es schreit einfach nur.
Gleichzeitig profitiert Israel davon, dass die üblichen Gegenspieler – Hisbollah, Hamas, Huthis – durch vorherige Offensiven geschwächt wurden. Eine günstige Gelegenheit also. Wenn man geopolitisch denkt. Wenn man menschlich denkt, sieht man auf Fotos eine Ruine, in der gestern noch ein Wohnzimmer stand.
Und der Iran? Der schweigt nicht. Aber wer hört noch hin?
Natürlich empört sich Teheran. Aber wer nimmt den Iran noch ernst? Ein Regime, das Demonstranten hängen lässt, hat sich moralisch disqualifiziert. Nur: Wenn ein Diktator Bomben abbekommt, sterben selten nur Diktatoren. Und je mehr zivile Opfer es gibt, desto größer wird der Hass. Es entsteht eine Spirale, die irgendwann schneller dreht, als man sie kontrollieren kann.
Das israelische Kalkül mag militärisch funktionieren. Politisch – vielleicht. Aber menschlich? Es ist eine Bankrotterklärung. Für beide Seiten.
Das Ding is:
Wenn die eine Seite mit „Selbstverteidigung“ argumentiert und die andere mit „Widerstand“, verlieren am Ende immer die, die weder Waffen noch Mikrofone besitzen. Israel rechtfertigt sich mit Sicherheit, der Iran schwört auf Souveränität – und beide werfen Bomben. Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen – oder längst unter Trümmern begraben. Was bleibt, ist eine Region in Flammen, ein Westen in moralischer Schieflage, und ein neuer Konflikt, der längst keiner mehr ist, sondern ein Dauerzustand.
Wer Frieden will, muss nicht neutral sein – aber menschlich. Und manchmal heißt das auch, sich von Freunden zu distanzieren, wenn sie Grenzen überschreiten. Auch dann, wenn sie „unsere Seite“ sind. Siehe auch: Kritik an Israel? Uff. Und ich dachte, Gendern sei schon heikel
Herzlichst, Mike
Quellen: tagesschau.de | reuters.com