
Ich habe lange überlegt, ob ich diesen Beitrag in meinem üblichen Stil schreiben kann. Ironisch, spöttisch, ein bisschen sarkastisch, so wie ihr es von „Zwischen Kaffee & Kant“ gewohnt seid. Aber bei manchen Themen bleibt einem der Spott im Hals stecken wie eine ungekaute Olive beim Kichererbsensalat. Und nein, das ist keine politische Metapher. Es ist einfach schwer verdaulich, was da gerade in Gaza passiert.
Aber gut, ich versuche es. Mit der nötigen Selbstironie. Vielleicht klappt’s. Und wenn nicht, seht es mir nach. Ich bin kein Außenminister. Nur ein Mensch mit Internetanschluss und einem Blog.
Selbstverteidigung mit Bulldozer
Israel führt Krieg gegen die Hamas. Soweit, so nachvollziehbar. Die Hamas ist keine Pfadfindergruppe mit Hang zu Feuerwerk. Das Massaker am 7. Oktober 2023 war ein barbarischer Akt. Menschen wurden abgeschlachtet, verschleppt, vergewaltigt. Wer das relativiert, hat den moralischen Kompass gegen ein Parteibuch getauscht.
Aber was seitdem passiert, hat eine ganz eigene Dynamik. Eine Dynamik, die sich von Selbstverteidigung entfernt hat wie eine israelische Panzerbrigade von einer UNO-Resolution. Israel blockiert seit mehr als 70 Tagen konsequent Wasser, Lebensmittel und Medikamente für die Zivilbevölkerung in Gaza. Und bevor jetzt jemand ruft: „Das ist doch Hamas-Territorium!“ – nein. Das ist Territorium, auf dem zwei Millionen Menschen leben. Davon rund die Hälfte Kinder.
Ich wiederhole: Kinder. Nicht Kombattanten. Keine Kämpfer. Auch keine missglückten Terroristen im Vorschulalter. Kinder. Mit Hungerbäuchen und ohne Zugang zu Antibiotika, weil die Lieferungen entweder zurückgehalten, bombardiert oder schlichtweg verhindert werden.
Kein Krieg gegen die Hamas. Ein Krieg gegen Bedingungen zum Leben.
Man kann gegen die Hamas kämpfen, ohne gleich ein Gesundheitssystem zu zerlegen, das ohnehin eher ein Sanitätszelt war. Man kann Terroristen bekämpfen, ohne 30.000 Zivilisten in Mitleidenschaft zu ziehen. Und man kann sich verteidigen, ohne die internationale Hilfslieferungen systematisch zu blockieren. Theoretisch. Praktisch offenbar nicht.
Was Israel derzeit tut, ist keine Notwehr. Es ist Machtdemonstration. Es ist kollektive Bestrafung. Es ist ein „Wir werden euch zeigen, was passiert, wenn ihr uns herausfordert“ – aber adressiert an Menschen, die keinen Einfluss auf das Geschehen hatten. Außer geboren worden zu sein. Im falschen Streifen Erde. Zur falschen Zeit. Unter der falschen Fahne.
Die große Blockade der moralischen Klarheit
Und bevor jetzt wieder jemand die antisemitische Keule schwingt: Nein. Kritik an Israels Politik ist nicht gleich Judenhass. Ich kann auch Angela Merkel kritisieren, ohne gleich Rentnerhasser zu sein. Es ist vollkommen legitim, in einer Demokratie – und Israel nennt sich ja so – auch die Regierung Israels scharf zu kritisieren. Gerade dann, wenn diese Regierung systematisch gegen die Genfer Konvention verstößt.
Manche werfen sich ja gleich auf den Boden, wenn man Israel kritisiert. Als würde man Moses die Steintafeln entreißen wollen. Andere wiederum jubeln sofort, sobald irgendwo ein israelischer Panzer brennt – als würde das eigene Leben dadurch irgendwie sinnvoller. Beide Haltungen sind unhaltbar. Moralisch. Menschlich. Politisch sowieso.
Die Wahrheit liegt dazwischen. Zwischen Kant und Kanaan, wenn man so will. Zwischen dem Recht auf Verteidigung und der Pflicht zur Menschlichkeit. Israel hat das Recht, sich gegen Terror zu verteidigen. Aber nicht das Recht, Zivilisten systematisch auszuhungern. So einfach. So komplex. Willkommen in der Realität.
Es geht nicht um Israel. Es geht um Anstand.
Wer jetzt sagt: „Aber was ist mit den Raketen der Hamas?“ – ja, was ist mit denen? Verurteilen wir. Sagen wir klar: Terror ist Terror. Aber wer mit Raketen auf Städte schießt, kann nicht die moralische Messlatte für eine Demokratie sein. Israel misst sich an westlichen Werten, nicht an der Hamas. Und genau deshalb muss man von Israel auch anderes erwarten dürfen.
Was wäre eigentlich, wenn Russland in der Ukraine alle Hilfslieferungen blockieren würde? Also nicht nur irgendwie behindert, sondern richtig: Wasser abdrehen, Medikamente verweigern, Lebensmittel konfisziert. Die Empörung wäre grenzenlos – und zurecht. Der Internationale Strafgerichtshof würde Überstunden schieben. Und niemand würde fragen, ob die Ukraine vielleicht auch nicht gerade das moralische Vorzeigemodell mit strahlend weißer Weste ist. (Spoiler: Ist sie nicht. Aber das ist eine andere Geschichte.)
Doch wenn Israel das tut – Tag für Tag, Woche um Woche – dann herrscht auf einmal betretenes Schweigen. Als sei es unhöflich, Kriegsverbrechen beim Namen zu nennen, wenn sie von einem Verbündeten begangen werden.
Das Schweigen der Gerechten
Wo bleiben eigentlich die Stimmen der westlichen Welt? Die gleichen, die bei jeder Genderdebatte auf Twitter die Menschenrechte hochhalten? Die laut werden, wenn irgendwo ein Ungeimpfter nicht zur Hochzeit darf? Wo sind die alle?
Die Wahrheit ist: Viele haben Angst. Angst, bei Kritik an Israel in die falsche Schublade gesteckt zu werden. In die mit der hässlichen Aufschrift „Antisemit“. Und das ist nicht nur tragisch. Das ist gefährlich. Denn wer aus Angst schweigt, macht sich zum Komplizen. Nicht der Täter. Aber der Ohnmacht.
Zwischen dem Recht und dem Falschen
Israel kann diesen Krieg nicht gewinnen. Nicht mit Bomben. Nicht mit Hunger. Nicht mit Zäunen und Mauern. Denn der wahre Krieg wird in Herzen geführt. Und die verliert man schneller als man Raketen nachkaufen kann. Es braucht mehr als militärische Überlegenheit. Es braucht moralische Integrität.
Und an genau der mangelt es momentan. Mehr als Wasser in Gaza. Mehr als Hoffnung. Mehr als Menschlichkeit.
Das Ding is
Der Krieg Israels gegen die Hamas hat sich längst in einen Krieg gegen das Leben verwandelt. Nicht gegen Terror. Nicht gegen Bedrohung. Sondern gegen die Grundlagen des Menschseins. Es geht um Nahrung. Um sauberes Wasser. Um medizinische Hilfe. Und wenn eine Demokratie entscheidet, genau das systematisch zu verweigern, verliert sie etwas Entscheidendes: ihre Würde. Wir dürfen nicht länger schweigen. Nicht aus Angst, falsch verstanden zu werden. Sondern aus dem tiefen Wissen heraus, dass Menschlichkeit kein Bonus ist, sondern Pflicht. Immer. Überall. Für alle.
Herzlichst,
euer Mike Hardel
Diskutiert mit mir. Kommentiert. Streitet euch in den Kommentaren – aber tut es mit Anstand.
Wer bist du das du es wagst Kritik zu Schreiben? Bist du Deutscher? Was habt ihr denn gemacht? Ihr habt Millionen Juden getötet und damit bist du schuldig. Ihr habt eine vererbte Schuld. Auch die Kinder von euch sind schuld. Niemals könnt ihr das gutmachen. Ihr solltet Israel jeden Tag die Füße küssen das man euch am Leben lasst.
Und so einer schreibt Kritik an Israel? Du musst dich schämen! Ich werde dich wegen antisemitismus anzeigen dann ist die Seite zu. Mehr hast du nicht verdient du scheis Nazi!!!
Lieber Manuel,
dein Kommentar ist ein Paradebeispiel dafür, wie man jede Form von Kritik erstickt – nicht mit Argumenten, sondern mit Anklagen. Du sprichst von Schuld, von Vererbung, von ewiger Unterwerfung. Das ist keine Erinnerungskultur. Das ist kollektive Verdammung. Und sie hilft niemandem – weder den Opfern von damals noch den Opfern von heute.
Ich habe nie geleugnet, was Deutschland im Dritten Reich getan hat. Ganz im Gegenteil: Ich schreibe, weil ich aus der Geschichte gelernt habe. Und genau deshalb halte ich es für gefährlich, wenn ein demokratischer Staat meint, jenseits jeder Kritik agieren zu dürfen – unter dem Schutzschild einer historischen Katastrophe, die niemand je vergessen sollte, aber die man auch nicht instrumentalisieren darf.
Kritik an Israel ist nicht antisemitisch. Sie ist notwendig – gerade weil Israel sich selbst als Demokratie bezeichnet. Wer jede Mahnung an Menschlichkeit mit „Nazi!“ beantwortet, verwirrt Erinnerung mit Erpressung. Und das entwertet die eigentliche Verantwortung, die wir alle tragen sollten.
Ich schäme mich nicht, wenn ich auf Missstände hinweise. Ich schäme mich eher dafür, wenn Menschen wie du daraus Hass konstruieren.
Du musst meinen Text nicht mögen. Aber du solltest ihn verstehen, bevor du mich anzeigst. Ich bin bereit, weiter mit Dir zu diskutieren. Höre mir sehr gerne Argumente an, um Dich zu verstehen. Aber bitte akzeptiere das ich mich in keiner Weise als Nazi beschimpfen lasse. Das prallt ab und zeigt mir, dass ich das richtige mit dieser Seite tue.
Herzlichst,
Mike